Orchideen sind überall zu Hause

Die Großfamilie der Orchideengewächse (Orchidaceae), die nach ihren hodenförmigen Wurzelknollen benannt sind, besteht aus rund 1000 Gattungen und wahrscheinlich Zehntausenden von Arten. Die Vielfalt ist enorm. Die Pflanzen sind perfekt an ihre Lebensräume angepasst. Es gibt sie unter nahezu allen klimatischen Bedingungen: in gemäßigten Breitengraden ebenso wie in extremen Trockengebieten und Hochlagen, in Nebelwäldern – und sogar auf den antarktischen Inseln sind rund 500 Orchideenarten bekannt.

Schon die hiesigen Arten wie das Knabenkraut kann man als Perlen unter den Blumen bezeichnen. Sie gehören fast alle zu den so genannten Erdorchideen, mit anderen Worten: sie wachsen auf dem Boden. Viele lieben feuchte Standorte. In den Bergen dagegen gedeihen sie auch auf felsigen Untergründen. Richtung Süden nimmt dann die Artenvielfalt deutlich zu, und die schönsten und größten Vertreter findet man in den Tropen. Die meisten Orchideen hier sind Epiphyten, so genannte „Aufsitzerpflanzen“ – um in dichten Regenwäldern genügend Licht zu bekommen, wachsen sie einfach auf Bäumen.

Ebenso wie einige terrestrische Verwandte stecken manche ihre Wurzeln in Moose, die sich auf Bäumen besonders in Astgabeln bilden. Andere hingegen wachsen nur auf der Rinde. Der Lebensraum Baum bietet vor allem mehr Licht – Epiphyten sind keine Schmarotzerpflanzen. Sie holen sich mit Hilfe ihrer Wurzeln Nährstoffe und Feuchtigkeit aus Luft und Regenwasser.

Im Wesentlichen lassen sich zwei tropische Wachstumszonen unterscheiden: Gebiete mit wechselnden Trocken- und Regenperioden, und den immergrünen tropischen Regenwald mit gleichmäßig feucht-warmem Klima. Hier wachsen beispielsweise Vertreter der Gattung Phalaenopsis. In Regionen mit Regen- und Trockenzeiten sowie mäßig schwankenden Temperaturen verlieren die Bäume teilweise ihr Laub. Orchideen aus diesen Lebensräumen brauchen entsprechend mehr Licht und teilweise ausgeprägte Ruhephasen, in denen sie nur sehr wenig Wasser benötigen.

Aus Hochlagen stammende Orchideen wie die Sophronitis mögen es wechselwarm, denn sie sind starke Temperaturschwankungen gewöhnt. Masdevallia dagegen bevorzugen kühle Standorte und Nordfenster. Sie kommen mit wenig Licht aus, benötigen aber eine hohe Luftfeuchtigkeit, denn sie sind in feucht-kalten Nebelwäldern zu Hause.

„Die“ Heimat der Orchideen gibt es also eigentlich nicht, wenngleich viele bekannte Arten ursprünglich aus tropischen Regionen stammen, gibt es aber auch bei uns einige wilde einheimische Orchideen. Die grundsätzliche Anpassungsfähigkeit gilt sowohl für die Familie der Orchideen, als auch für die einzelne Pflanze. Entdecken die frei schwebenden beziehungsweise kriechenden Wurzeln einen neuen Untergrund, können sie sich daran anpassen. Was sie nicht mögen, sind plötzliche Veränderungen ihrer Lebensbedingen. So lange ihre Lebensräume nicht zerstört werden, kann man fast überall auf der Welt eine solche Königin der Blumen finden.